Wie geht eigentlich nachhaltige Landwirtschaft?

Wie geht eigentlich nachhaltige Landwirtschaft?

Nachhaltigkeit ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Ob Klimaschutz oder Krieg in der Ukraine – Nachhaltigkeit hängt mit all diesen Themen untrennbar zusammen. Während Krieg in vielerlei Hinsicht das unnachhaltigste Verhalten ist, das Menschen haben können, ist der Klimawandel eine Folge des unnachaltigen Verhaltens auf der Welt.

Umso wichtiger ist es, dass es Menschen, Organisationen und Projekte gibt, die sich dafür einsetzen, unseren Planeten etwas nachhaltiger zu gestalten. Das ist dringend notwendig, denn heute – am 04. Mai 2022 – haben wir den Nationalen Überschuss-Tag erreicht. Das bedeutet, dass Deutschland bereits heute all die Ressourcen verbraucht hat, die für ein Jahr zur Verfügung gestanden hätten. Dabei ist das Jahr gerade einmal zu einem Drittel rum. Würde die gesamte Menschheit so leben wie die Bevölkerung Deutschlands, würden wir drei Planeten benötigen.
Auch die Landwirtschaft trägt in erheblichem Maße zum Klimawandel bei. Jährlich emittiert die Landwirtschaft weltweit zwischen 8,5 und 16,5 Milliarden Tonnen Treibhausgase – das entspricht 17-32 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Wie kann Landwirtschaft nachhaltiger werden?

markusspiske / pixabay.com

Was ist Nachhaltigkeit überhaupt?

Bis Mitte der 1990er Jahre war Nachhaltigkeit ein Konzept, das fast ausschließlich in wissenschaftlichen Diskussionen zu finden war. Später wurde es im politischen Zusammenhang aufgegriffen und findet sich heute in den alltäglichen Medien. Eine eindeutige Definition des Begriffs gestaltet sich jedoch schwierig, da das Verständnis von Nachhaltigkeit je nach Werthaltung und Interessen abweichend verwendet wird. Heute gilt Nachhaltigkeit als Leitgedanke menschlichen Handelns.

Schon früh wurde der Nachhaltigkeit eine inter- und intragenerationale Verpflichtung zu ressourcenschonendem Handeln und der Frage der gerechten Verteilung von Ressourcen zugeschrieben. Durch die Agenda 21 der Vereinten Nationen wurde der Begriff der Nachhaltigkeit 1992 zu einem globalen Entwicklungsleitbild. Als gemeinsames Ziel wurde hier formuliert, Umwelt- und Entwicklungsprobleme unter Beachtung gesellschaftlicher, ökologischer und ökonomischer Dimensionen zu bewältigen.

Auf Basis dieser Ergebnisse wurde schon früh das sogenannte „Nachhaltigkeitsdreieck“ entwickelt. Das Modell stellt keine widersprüchlichen Zielsetzungen oder Abhängigkeiten dar, sondern stellt die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit gleichberechtigt dar.

Das Verständnis, dass Gesellschaft (soziale Dimension), Umwelt (ökologische Dimension) und Wirtschaft (ökonomische Dimension) die wesentlichen Dimensionen zur Bewertung von Nachhaltigkeit sind, wird auch im schulischen Unterricht gelehrt. 

Warum muss Landwirtschaft nachhaltiger werden?

Die Landwirtschaft verursacht unmittelbar 10 bis 12 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen überwiegend in Form von Methan und Lachgas. Hauptursache sind der steigende Einsatz synthetischer Stickstoffdünger, weil die Böden immer nährstoffärmer werden. Die sogenannte Bodendegradation ist gleichzeitig Ursache und Folge der intensiven konventionellen Landwirtschaft. Die Herstellung von Stickstoffdüngern ist energieintensiv und verursacht hohe CO2-Emissionen. Auch bei der Umwandlung von Land- zu Ackerfläche wird Kohlenstoffdioxid freigesetzt. Besonders folgenschwer ist dabei die Abholzung von (Regen-)Wäldern, um neue Ackerflächen zu schaffen. Hierbei werden zwischen 6 und 17% der globalen Treibhausgas-Emissionen freigesetzt, wie eine Studie des britischen Wissenschaftlers Pete Smith herausfand.

Landwirtschaftliche Tierhaltung hat verschiedene klimarelevante Auswirkungen. Von den direkten Treibhausgas-Emissionen durch die Tiere, über die Handhabung des organischen Düngers und die Veränderung der Landnutzung zur Viehfuttererzeugung, bis hin zum Einsatz von fossilen Brennstoffen – landwirtschaftliche Tierhaltung trägt ihren Teil zum Klimawandel und zur Bodendegradation bei.

Vor allem die weltweite Nachfrage nach Fleisch ist entscheidend dafür, wie Tiere gehalten werden. Die Viehwirtschaft ist heute der größte Nutzer von Landflächen. Etwa 60% der landwirtschaftlich genutzten Flächen werden für die Viehhaltung und die Futtermittel verwendet. Dabei ist in den letzten Jahren verstärkt eine Verschiebung von der Weidewirtschaft hin zum Futteranbau auf Ackerflächen zu beobachten gewesen. Der Anbau von Soja in Brasilien und Argentinien als Futtermittel für den globalen Export hat in jüngster Zeit wiederholt zum Abholzen des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien und des Chaco-Urwaldes in Argentinien geführt.

Etwa 20% der landwirtschaftlichen Ackerfläche in Deutschland dient der Produktion von Biogas und Biosprit. Was zunächst nachhaltiger klingt als das Pendant aus fossilen Energieträgern, wurde vom Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) nun als „noch klimaschädlicher als bisher bekannt“ bezeichnet. Würde man diese Fläche renaturieren, anstatt sie mit intensiver Landnutzung zu bewirtschaften, könnte diese natürliche CO2-Senke bis zu 16 Millionen Tonnen des Treibhausgases aus der Atmosphäre binden. Solarstrom aus Freiflächen-Photovoltaik zu gewinnen, sei 34-mal flächeneffizienter.

Quelle: windkind.com

Wie kann Landwirtschaft nachhaltiger werden?

Um Erosion und ein Auslaugen der Böden zu vermeiden, gelten der sogenannte Zwischenfruchtanbau oder die Schutzbepflanzung als wichtige Maßnahme. Brache Ackerflächen gilt es in jedem Fall zu vermeiden. Die Nutzung von Stickstoffdüngern sollte reduziert werden, um den Boden nicht zu sehr zu belasten. Der Anbau von Hülsenfrüchten wie Linsen kann dabei helfen, Stickstoff aus der Luft zu binden und im Boden zu speichern. Obst und Gemüse werden heutzutage nur selten jenseits des Kreislaufs der Nutztierhaltung angebaut. Die Exkremente der Tiere werden dann häufig als Dünger dem Boden zugeführt, denn Landwirte müssen die Ausscheidungen entsorgen. Gülle enthält ebenfalls Stickstoff und Phosphat und kann den Boden und Gewässer übersäuern. Intensiv genutzte Landflächen gehen dabei gleichzeitig als Lebensraum für andere Tiere verloren.

Eine nachhaltige Landwirtschaft ist jedoch nicht nur gut für die Umwelt, die Natur und die Tiere – einmal ganz abgesehen von der Haltungsform der Nutztiere -, denn es gibt eben auch noch zwei weitere Dimensionen. Sie muss einerseits gut für die Menschen sein und sich andererseits auch wirtschaftlich lohnen. Landwirtschaft ist der Ursprung für unsere Ernährung und trägt deshalb weltweit Verantwortung für die Ernährungssicherung. Doch während die landwirtschaftlichen Bedingungen in unseren Breiten relativ gut sind, hungern Menschen anderswo auf der Welt. Durch öko-soziale Projekte und die internationale Zusammenarbeit sowie den Austausch von Know-How kann eine nachhaltige Landwirtschaft dazu beitragen, Hunger auf der Welt zu bekämpfen – noch besser ginge das, wenn ein Großteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche tatsächlich für landwirtschaftliche Produkte und nicht allein für Futtermittel genutzt werden könnte.

Ist das alles überhaupt umsetzbar?

Umstrukturierungen sind immer zunächst mit Kosten verbunden. Diese Kosten sollten nicht allein von landwirtschaftlichen Betrieben getragen werden, denn eine nachhaltige Landwirtschaft kommt allen zugute. Hier stehen auch Politik und Konsumenten in der Verantwortung.

Ideen und Projekte in diese Richtung gibt es bereits. Vor den Toren Berlins wurde der Hof Windkind gegründet. Hier werden vielleicht nicht die höchstmöglichen Erträge erwirtschaftet, dafür erfolgt der Anbau bio-vegan, denn es werden keine tierischen Düngemittel verwendet. Stattdessen wird hier mit Gras, Wildkräutern, Laub und Stroh gedüngt – ähnlich wie beim natürlichen Nährstoffkreislauf eines Waldes. 

Quelle: windkind.com

Hier gibt es zwar keine Nutztiere, aber Tiere gibt es hier trotzdem. Für Eidechsen, Kröten, Insekten und Vögel gibt es hier Wildblumen, ein Biotop, Stein- und Holzhaufen und Vogelhäuser. Durch artenvielfältige Begrünung sowie Unterschlupfmöglichkeiten für Tiere fördert der Hof bewusst die Biodiversität.

Und auch auf der sozialen Ebene kann der Hof meiner Meinung nach punkten. Durch eine Kooperation auf solidarischer Basis mit umliegenden Höfen werden Ernteausfälle aufgrund von verregneten Sommern oder Frühlingsfrost aufgefangen. Zudem unterstützt Hof Windkind okö-soziale Projekte auch im Ausland. Derzeit werden so Obstbäume in senegalesischen Dörfern gepflanzt und gepflegt.

Nachhaltige Landwirtschaft für alle?

Hof Windkind ist ein Hof für Alle könnte man sagen. Denn hier kann man ein Feld adoptieren oder die Patenschaft für einen Baum übernehmen. Natürlich kostet das etwas – zum Beispiel kostet die Baumpatenschaft für einen Walnussbaum 96,- Euro im Jahr. Dafür unterstützt du ein nachhaltiges Projekt und erhältst die gesamte Ernte des Baumes (etwa 8 Kilogramm Walnüsse pro Jahr). Das geht auch günstiger – etwa mit einer Bodenpatenschaft. Mit der hilfst du, aus kargem, ehemals konventionell bewirtschafteten Land eine ökologische Anbaufläche zu machen. Eine Bodenpatenschaft für 20m², die eine 8 kg-Box Walnüsse abwirft, kostet 78,90€.

»Es ist für uns sehr motivierend, am frühen Morgen auf dem Feld zu stehen und zu wissen,
dass Menschen sich auf unsere Walnüsse freuen und schon drauf warten. Wir wissen,
für wen wir die Walnüsse anbauen: für Familien, für Kinder, für Menschen aus ganz Deutschland
und darüber hinaus. Direkt vom Bauern zum Endverbraucher, ganz ohne Zwischenhändler. 

David und Silvia

Gründer*in von Windkind

Neben Walnüssen gibt es auf der Website vom Hof Windkind [externer Link] Haselnüsse, Linsen, Hafer, Buchweizen und Olivenöl. Besonders nett finde ich, dass man den Hof jederzeit besuchen kann, um den Baum oder das adoptierte Feld zu besichtigen. Negativ fällt die Planbarkeit auf. Wer mit der Erwartung auf die Website geht, dort direkt etwas bestellen zu können, täuscht sich. Die Produkte können natürlich erst geliefert werden, wenn sie geerntet werden können.

Was? - Bio-... Lieferung
Walnuss
Anfang / Mitte November
Haselnuss
Mitte / Ende November
Walnuss-Öl
Mitte / Ende November
Was? - Bio-... Lieferung
grüne Linsen
Oktober
Haferflocken
oder -körner
Oktober
Buchweizen
Oktober
Was? - Bio-... Lieferung
Olivenöl
Februar / September

Stand: 04. Mai 2022

Quellen: hofwindkind.de, climatefund.nf-int.org, bmz.de, dvtiernahrung.de, weltagrarbericht.de, klimareporter.de

Greenpeace-Report „Cool Farming: Climate Impacts of Agriculture and Mitigation Potential“

Titelbild: markusspiske / pixabay.com

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