COP26 - Wenn das Beste nicht gut genug ist...
Bei der UN-Klimakonferenz 2021 in Glasgow, international bekannt als COP26 (Conference of the parties), war zwar ursprünglich bereits im April 2020 geplant, musste aber aufgrund der Coronapandemie vertagt werden. Vom 31. Oktober bis zum 12. November nahmen knapp 200 Länder und ca. 25.000 Personen teil. Staats- und Länderchefs wie Joe Biden, Boris Johnson und Angela Merkel waren ebenfalls bei der Konferenz in Glasgow. Auch Olaf Scholz als designierter Bundeskanzler war anwesend. Ziel der Klimakonferenz der Vereinten Nationen war es, einen effektiven Klimaschutz in die Wege zu leiten. »Glasgow war der erste große Test des Pariser Abkommens«, meint etwa Carl-Friedrich Schleussner, der am Integrativen Forschungsinstitut zum Wandel von Mensch-Umwelt-Systemen an der Berliner Humboldt-Universität forscht. Weitere Wissenschaftler bezeichnen das Ergebnis der Weltklimakonferenz als »das Beste, was die Welt zu tun bereit war.« Doch reicht das?

Schnellerer Kohleausstieg für Deutschland?
Worauf haben sich die Länder geeinigt?
Nach zwei Wochen mit hitzigen Diskussionen, endlosen Gesprächen und Beratungen und vielen gemeinsamen Fotos war es so weit: Die Abschlusserklärung wirkt wie ein langer Bandwurmsatz. Viele Adjektive schmücken das, worauf sich die fast 200 Länder der Vereinten Nationen schlussendlich geeinigt haben. Das Dokument fordert die Staaten dieser Erde dazu auf, ihre Bemühungen zum Kohleausstieg zu beschleunigen. Doch die Formulierung wurde im Laufe der Konferenz mehrfach abgeschwächt, weil nicht alle Länder bereit waren, bis 2030 aus der Kohlekraft auszusteigen. Trotzdem hält etwa die geschäftsführende Bundesumweltministerin, Svenja Schulze, das Ergebnis für historisch: »Es wurde jetzt weltweit der Kohleausstieg eingeleitet«, sagte sie. Eben diese Abschwächung bedauert die Umweltorganisation Greenpeace Deutschland. Martin Kaiser von Greenpeace ist zwar erleichtert, dass der Kohleausstieg die »Formulierunsschlacht« überlebt hat, bezeichnet das Ergebnis aber insgesamt als »Enttäuschung«. Dennoch sieht er einen »klaren Arbeitsauftrag« für die neue Bundesregierung unter Olaf Scholz.
Insbesondere den Grünen könnte die Abschlusserklärung Rückenwind geben: Zwar war bereits im Sondierungspapier von einem Kohleausstieg »idealerweise bis 2030« die Rede, eine verbindliche Angabe hat es jedoch nicht gegeben. Auch die EU verschärfte jüngst ihre Klimaschutzvorgaben. Dies allein könnte einen Kohleausstieg nach 2030 nahezu unmöglich machen. Aktuell ist der Kohleausstieg auf das Jahr 2038 datiert.
Kohleausstieg made in Germany?
Deutschland könnte in den nächsten Jahren eine besondere Rolle zukommen. In einem Nebensatz der Abschlusserklärung wird Deutschland plötzlich zum Vorreiter der Kohleausstiegs erkoren. So könnte uns in den nächsten Jahren eine besondere Rolle zukommen. Der deutsche Kohleausstieg, die Konsensfindung, die massive staatliche Unterstützung für Kohleregionen, all das könnte zum Exportschlager werden.
»Andere Staaten nehmen sich ein Vorbild an uns, ob wir nichts machen und hinterherhängen. Oder ob wir es gut machen.«
Luisa Neubauer
Deutsche Klimaaktivistin
Bisher haben neben Deutschland rund 150 weitere Länder diese neue Erklärung unterschrieben und sich damit selbst in die Pflicht genommen, die vereinbarten Ziele zu erreichen, um den erwarteten Temperaturanstieg auf 2,4°C im Jahr 2100 zu reduzieren. Aktuelle Prognosen des Weltklimarats warnen vor einem Temperaturanstieg von bis zu 8,5°C im schlimmsten Fall.

Die Szenarien des Weltklimarats (IPCC) zeigen auch: Um das 2°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssten wir den weltweiten CO2-Ausstoß nicht nur reduzieren, wir müssten spätestens ab 2050 eine negative CO2-Bilanz haben. Wirklich realistisch erscheint dies nach der COP26 jedoch nicht. Forscher fanden heraus, dass wir im Jahr 2100 mit einem Temperaturanstieg von 2,9°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau rechnen müssen, wenn jetzt alle Maßnahmen so bleiben wie sie sind. Demnach würden auch alle Maßnahmen des Pariser Klimaschutzabkommens nur noch für eine Begrenzung des Temperaturanstiegs von 2,4°C reichen. Ziel des Pariser Abkommens war, die Auswirkungen des Klimawandels auf einen Anstieg von maximal 2°C zu begrenzen.
Am Ende kommt der Kohleausstieg dann aber doch nicht...
Der erhoffte Kohleausstieg blieb dann jedoch aus. Kurz vor Ende wurde der entsprechende Passus abgeschwächt. Zwar lobt der britische Premierminister Boris Johnson den Klimapakt von Glasgow als „Totenglocke für Kohleenergie„, gleichzeitig gab er jedoch zu, dass nicht alle Ziele erreicht werden konnten. Auf Bestreben von Indien und China wurde am Ende eben kein Ausstieg aus der Kohleenergie vereinbart, sondern ein schrittweiser Abbau. Damit bleibt offen, ob beide Staaten überhaupt jemals aus der Kohle aussteigen werden.
Als Schwellenländer erlebten China und Indien in den letzten Jahren ein enormes Wirtschaftswachstum. Heute zählen sie zu den größten drei CO2-Emittenten weltweit. Enttäuscht sind auch die Entwicklungsländer. Während China und Indien weiterhin CO2 emittieren, wird ihr Wirtschaftswachstum durch derartige Beschlüsse gehemmt. Die Versprechen der Industrieländer, ihnen zu helfen, werden nicht erfüllt. Obwohl sie einen verhältnismäßig geringen Anteil am Klimawandel zu verantworten haben, leiden Entwicklungsländer massiv darunter.
Abbau fossiler Energieträger zu verwässert
Länder wie die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland wollen so etwa Südafrika dabei unterstützen, aus der Kohlekraft auszusteigen. Mit Krediten in Milliardenhöhe soll das Land eine Energiewende erfahren. Die Klima-Außenpolitik der Bundesregierung soll als Starthilfe ins grüne Zeitalter gelten. Um diesen Schritt zu unterstützen haben die G20 bereits bei ihrem letzten Treffen beschlossen, keine finanzielle Unterstützung mehr in internationale Kohleprojekte zu investieren. Die Finanzwirtschaft hat in Glasgow deutlich gemacht, dass sich Investitionen in Kohlekraft in Zukunft nicht mehr lohnen werden. Gleichzeitig einigte man sich darauf, Subventionen auf andere fossile Energieträger abzubauen. Im Abschlusstext ist wörtlich die Rede von „ineffizienten Subventionen“ in fossile Energieträger wie Erdöl und Gas-Produkte – genauer definiert wird dies jedoch nicht.
Eine Überraschung gab es dann aber doch. China und die USA haben sich auf eine gemeinsame Erklärung zum Klimaschutz geeinigt. Die USA holen China damit zurück ins Boot um die globalen Bemühungen zum Klimaschutz, heißt es etwa von John Kerry, US-Klimagesandter bei der COP26. Das ist ein wichtiger Schritt: Die USA haben erkannt, dass sich das Problem ohne China nicht lösen lässt – China ist der größte Emittent von Kohlenstoffdioxid weltweit. Etwa 30% der globalen Emissionen stammen aus China. Aktuelle Analysen offenbaren: China müsste spätestens 2025 damit beginnen, seine Emissionen zu reduzieren, damit das Pariser Klimaabkommen noch erreichbar erscheint.
Regierung bei Verbrennungsmotoren uneinig
Am Rande der Konferenzen taten sich in Glasgow 31 Länder zusammen, um sich zum Aus der Verbrenner zu verpflichten. Deutschland hat hier letztlich nicht unterschrieben. Der geschäftsführende Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) blockierte – sehr zum Bedauern des SPD-geführten Umweltministeriums. Dieses wäre der Verpflichtung gern beigetreten. Staatssekretär Flasbarth bremste den Zorn jedoch: »Ich bin hier ja nicht auf einem Ego-Trip. […] Gut möglich, dass auch eine künftige Ampel-Koalition nicht unterschrieben hätte.« Insbesondere die FDP wolle sich offenhalten, auch in ferner Zukunft noch Verbrenner zulassen zu können.
Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer bezeichnete das Abschlusspapier als »Betrug«. Es verrate alle, die bereits heute von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen wären.
»es ist ein Betrug an allen jungen Menschen auf dieser Welt, die darauf setzen, dass sich Regierungen um ihre Zukunft kümmern.«
Luisa Neubauer
Klimaaktivistin
Deitschland habe in Glasgow gezeigt, dass man sich in puncto Klimaschutz aktuell nicht auf es verlassen könne. Die neue Bundesregierung müsse nun Verantwortung übernehmen, forderte sie. Auch die Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, äußerte sich kritisch: Man habe die Bedrohung der Klimakrise erkannt, diese aber noch nicht gebannt, »Wir haben es in der Hand, für globale Gerechtigkeit zu sorgen und eine lebenswerte Zukunft zu sichern«. Greta Thunberg fasste die Weltklimakonferenz auf Twitter mit den Worten »Bla Bla Bla« zusammen.
Quellen: welt.de, tagesschau.de, spiegel.de, deutschlandfunk.de, de-ipcc.de
Titelbild: urbanbuzz / iStock

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